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Der Landrat
Aktz 15/15 g

Calau, den 25. Februar 1943

G e h e i m!
Frankfurt/Oder, den 24. Februar 1943
G e h e i m!
Dringend! Sofort vorlegen!
 
Abschrift.
Geheime Staatspolizei
Staatspolizeistelle
Frankfurt/Oder
B.Nr. II B 4 - 1958/42
 
Betr: Evakuierung bezw. Entfernung von Juden aus Betrieben.
Vorgang: Ohne.
 
Nachdem die im hiesigen Dienstbereich wohnhaft gewesenen Juden mit Ausnahme der in deutsch-jüdischer Mischehe lebenden Juden fast restlos umgesiedelt worden sind, hat das Reichssicherheitshauptamt in Berlin angeordnet, dass sämtliche noch in Betrieben beschäftigten Juden zum Zwecke der Erfassung aus den Betrieben zu entfernen sind. Infrage kommen für diese Aktion vor allem die in Mischehe lebenden Juden. Irgendwelche Einsprüche des Betriebsflührers sind in entsprechender höflicher Forrn zurückzuweisen mit dem Bemerken, dass die Maßnahme im Einverständnis mit dem Küstungskommando und den für den Arbeitseinsatz und für die Produktion verantwortlichen Stellen getroffen ist.
 
Die Unterrichtung des Betriebsführers erfolgt durch das zuständige Arbeitsamt. Desgleichen wird von diesem die Frage der Ersatzgestellung von Arbeitskräften geregelt. Die Zusammenfassung der Juden in den Betrieben hat unauffällig, evtl. unter Einschaltung des Abwehrbeauftragten und des Werkschutzes zu erfolgen. Jedoch ist darauf zu achten, dass hierbei Ausschreitungen und Fluchtversuche seitens der Juden vermieden werden. Es dürfen aber auf keinen Fall Übergriffe seitens der Beamten oder der mit der Bewachung beauftragten Männer erfolgen, insbesondere nicht in der Öffentlichkeit oder im Betrieb selbst. Freches Benehmen von Juden, die in noch bestehender Mischehe leben ist dadurch zu ahnden, dass diese in Schutzhaft genommen und Anträge auf Unterbringung in einem Konzentrationslager gestellt werden. Es kann hierbei sehr großzügig verfahren werden, jedoch muss der Eindruck vermieden werden, dass bei dieser Aktion das Mischeheproblem gleichzeitig grundlegend bereinigt werden soll. Soweit keine Gründe vorhanden sind, die, eine Inhaftierung des in Mischehe lebenden jüdischen Eheteiles rechtfertigen, sind diese in ihre Wohnung zu entlassen. Sie dürfen auf keinen Fall wieder in diesem oder einem anderen Betrieb beschäftigt werden. Über ihre weitere Verwendung ergeht noch Anweisung.
 
Die in Betrieben beschäftigten Juden, soweit sie in geschlossenen Lagern, wie Neuendorf i.S., Forsteinsatzlagern usw. untergebracht sind, sind bei dieser Aktion nicht zu erfassen. Auch die in verschiedenen Betrieben des Regierungsbezirks Frankfurt/Oder geschlossen eingesetzten polnischen Juden, die jeweils in geschlossenen Lagern untergebracht sind, dürfen hierbei nicht erfasst werden. Soweit Juden, die in Mischehe leben, nach ihrer Entfernung aus den Betrieben entlassen werden, dürfen sie nicht wieder in Arbeit vermittelt werden. Die Aktion ist auf Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes schlagartig am 27.2.1943 bei Beginn der Arbeitszeit durchzuführen. Zweckmässigerweise ist den beauftragten Beamten ein dem Betriebsführer vorzulegendes Schreiben mitzugeben, etwa des Inhalts, dass der beauftragte Beamte berechtigt ist, sämtliche im Betriebe beschäftigten Juden zum Zwecke der Erfassung aus dem Betriebe zu entfernen.
 
Die Zahl, der aus den Betrieben entfernten Juden und die Zahl der festgenommenen Juden, sind unter Angabe der Personalien am 27.2.1943, bis 16 Uhr, der Geheimen Staatspolizei Frankfurt/Oder, Telefon 2870/71 fernmündlich zu melden. Die angegebene Frist ist in jedem Falle einzuhalten.
 
Fehlanzeige ist erforderlich.
 
Für die festgenormnenenJuden, die in Mischehe leben und evtl. in einem Konzentrationslager untergebracht werden sollen, sind verantwortliche Vernehmungen der Genannten umgehend der hiesigen Dienststelle zu übersenden, damit das Weitere von hier veranlasst werden kann.
 
gez. W o l f f
 
An die Herren Polizeiverwalter o. V i. A.
 
 
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Hintergründe des Geschehens (Textauszug) von Gernot Jochheim