home | info | veranstaltungen| interviews | fotos| texte | links | filmliste | bücherregal | impressum 

 

Foto: Abraham Pisarek / Rosenstrasse 2-4

 
An der Ecke war eine Litfaßsäule ....
 
Es gibt den Bericht einer Zeitzeugin. Ruth Gross-Pisarek war 1943 ein 10-jähriges Mädchen, eine Schülerin, die in die Rosenstrasse ging, weil ihr Vater - der Fotograf Abraham Pisarek - dorthin verbracht worden war.
 
Sie schreibt: "An der Ecke war eine Litfaßsäule, an der stand ich immer, denn von dort konnte ich genau das Fenster beobachten, hinter dem manchmal mein Vater zu sehen war. Wenn wir von dem Platz verscheucht wurden, konnte ich mich an der Litfaßsäule immer länger halten, weil die Polizei nicht von allen Seiten kam."
 
Projektgruppe Rosenstraße / Konzept 1992 - "Aufstellen einer Litfaßsäule zur Erinnerung an den Frauenprotest 1943"
 
1992 gestaltete die "Projektgruppe Rosenstraße" (Ines Domann, Ulla Kelm, Claudia Regel, Christina Hick, Inge Kersten, Andreas Lindhauer, Matthias Stickel, Christian Schramm, Nicolas Prückner, Michaela Stüber, Achim Schnegule, Conny Huielon, Renate Kümmel, Gerhard Schumm) eine Ausstellung zum Frauenprotest in Form einer Litfaßsäule. Der erste Impuls für uns war ein Artikel von Nathan Stoltzfus, den wir mit Verblüffung und Erstaunen über unser Nichtwissen gelesen hatten. Das erste Mal wurde hier etwas ausgiebig dargestellt, von dem wir noch nie etwas gehört oder gelesen hatten.
Stoltzfus, Nathan (1989) Jemand war für mich da. Der Aufstand der Frauen in der Rosenstraße. Die Zeit. Nr. 30/21. Juli 89. S.9-13.
 
Wir suchten weiter. Schauten uns die Rosenstraße an. Fanden das oben links abgebildete Foto von Abraham Pisarek von der Rosenstraße. Das Foto mit der Litfaßsäule. Und stießen auf den Bericht der Zeitzeugin Ruth Gross-Pisarek.
 
Zwei Fotos. Das eine Foto (oben links) haben wir vorgefunden. Es zeigt das Gefangenenlager "Rosenstraße 2-4", wie es in den 1943 aussah. Aufgenommen hat es der Fotograf Abraham Pisarek, der selber in diesem Haus gefangen gehalten worden ist. Dieses Foto brauchte uns auf die Idee, wie wir das Erinnerungsprojekt gestalten könnten. Die Litfaßsäule, von der Ruth Gross berichtet, erkennt man sofort. Sie stand früher - wie alte Grundrißpläne ausweisen - auf einer Verkehrsinsel, deren Fläche jetzt dem Bürgersteig zugeschlagen worden ist.
 
Es ist die Tochter des Fotografen Pisarek, die sich erinnert, wie sie als Mädchen ihrem in der Rosenstraße inhaftierten Vater - halb hinter der Litfaßsäule versteckt - zugewunken hat. Jetzt wußten wir: genau dort werden wir wieder eine Litfaßsäule hinstellen. Und wenn man die Informationen auf ihr durchliest und ein wenig zurücktritt, wird man den Blick des Fotografen Adam Pisarek nocheinmal aufnehmen können und auch den seiner Tochter. Man wird sich etwas denken und vorstellen müssen, weil es jetzt nicht mehr sichtbar ist.
 
Das zweite Foto (oben rechts) zeigt die Situation 1993, nachdem eine Litfaßsäule mit der Ausstellung genau an derselben Stelle wieder aufgestellt worden ist . Im Foto versteckt sich unsichtbar unsere Sucharbeit in alten Adressbüchern, alten Stadtplänen.
 

 Projektgruppe Rosenstraße / Konzept 1992 - Öffentliche Diskussionsveranstaltung mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen

Die öffentliche Diskussionsveranstaltung zum Frauenprotest in der Rosenstraße fand mit fünf Zeitzeuginnen und Zeitzeugen im Kreiskulturhaus Mitte in der Rosenthalerstr. in Berlin am 28.2. 1992 statt.

Mitschrift der Diskussionsveranstaltung zum Frauenprotest in der Rosenstraße 28.2.1992